Einleitung:
Wer Reiseführer durchstöbert, wird kaum auf Hinweise
treffen, welche Djerba als lohnenswertes Ziel für Naturfreunde ausweisen. Ein Besuch im Sommerhalbjahr, der Hauptreisezeit der vielen Badegäste, scheint dies zu
bestätigen. Das unter dem Einfluss von regenarmem Klima stehende Eiland vor der Küste Tunesiens präsentiert sich als landschaftlich eher schmucklose, flache,
staubige Insel, die teilweise recht dicht besiedelt ist. Zudem ist der nordöstliche Teil der Küste fast vollständig mit Hotels und weiteren touristischen
Einrichtungen “erschlossen”. Wer nach ornithologischen “Leckerbissen” Ausschau hält, findet allenfalls in der mit teilweise
jahrhundertealten Olivenbäumen bestandenen Landschaft oder in den Palmenhainen einige wenige Arten. Dazu zählen beispielsweise die allgegenwärtigen Palmtauben,
Raubwürger und dann und wann auch Steinkäuze oder Wiedehopfe. Die Büsche werden vor allem von Brillen- und Samtkopfgrasmücken bewohnt. Auch die Küstenbereiche sind
ornithologisch wenig ergiebig, abgesehen von einzelnen Reihern, Kormoranen oder Seeschwalben.
Im Laufe des Herbstes erfährt die Natur jedoch eine wundersame Verwandlung. Nach den ersten Regengüssen, die
üblicherweise Ende September und im Oktober fallen, beginnt die Insel zu ergrünen und bald blühen auch schon die ersten Pflanzen. In der gleichen Periode treffen
nun auch tagtäglich Zugvögel ein, die hier überwintern. Dies sind vor allem Wasservögel, die in den Küstenbereichen einen ausserordentlich nahrungsreichen
Lebensraum vorfinden, welcher dem des Wattenmeeres in Norddeutschland sehr ähnlich ist. Das gesamte Meer rund um die Insel ist extrem flach abfallend. So beträgt
die Wassertiefe 9 Kilometer vor der Küste von Houmt Souk, dem Hauptort Djerbas, lediglich 5 Meter! Bei Ebbe werden deshalb immense Schlickflächen frei, welche von
den tausenden von Watvögeln, Reihern, Löfflern und Flamingos zur Nahrungssuche genutzt werden. Weitere Niederschläge während des Winters sorgen dafür, dass die
Insel mit bunten Blumenteppichen überwachsen wird. Djerba zeigt sich dann in einem ungewohnten Kleid
Ein Besuch der Insel im Winterhalbjahr wird deshalb, entgegen aller Literatur, zu einem aufregenden naturkundlichen Erlebnis.
Mit der vorliegenden Zusammenfassung eines Naturführers über Djerba möchte ich all jene Naturfreunde, die sich entschliessen,
vielleicht einmal im Winter der Kälte Europas zu entfliehen, dazu animieren, mit Feldstecher und Fotoapparat die Ferieninsel nach interessanten Tier- und
Pflanzenarten abzusuchen.
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